Der Greis ist heiß
Am 2.7.2016 meldete sich Ex-VW-Chef Carl H. Hahn zu Wort und meinte
anlässlich seines 90. Geburtstages: Idealerweise würde man von Waggum aus
in die Welt fliegen. Dadurch würden Staus auf der Autobahn und auch die
überflüssige Subventionierung anderer Flughäfen vermieden. Die zunehmende
Lärmbelastung könne sich zwar als ernst zu nehmendes Problem erweisen,
moderne Schalldämpfung könne hier aber Abhilfe schaffen. Er wolle
erreichen, dass eine Fluggesellschaft tägliche Linienflüge vom Flughafen
Braunschweig-Waggum aus anbiete.
War es etwa der Aufmerksamkeit des greisen Jubilars entgangen, dass
Menschen nicht gern in schallgedämpften Kabinen leben? Dass sie keine
Zunahme von Abgas- und Feinstaubbelastung hinnehmen? Und aus welchem Grund
soll die Subventionierung des Braunschweiger Flughafens nicht ebenso
überflüssig wie die anderer Flughäfen sein?
In einer Zeit, in der der Norden Braunschweigs durch den Flughafenausbau für
VW und der damit verbundenen Unterbrechung der Grasseler Straße
- unter massiven Verkehrsproblemen leidet,
- Geschäftsaufgaben wegen ausbleibender
Kundschaft hinnehmen muss,
- unter den Auswirkungen des Flugbetriebs am
Boden und in der Luft leidet und
- insgesamt in die von der Politik
vorhergesagte Hinterhoflage geraten ist,
können derartige Äußerungen allenfalls Unverständnis hervorrufen.
Doch der greise Herr lässt nicht locker und will die Fluggesellschaft
Ryanair an den Braunschweiger Flughafen holen. Am 16.05.2017 verkündete Hahn
in der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Stadtmarketing und
Strategische Planung (Strategieausschuss) der Stadt Wolfsburg: „Zwei
Maschinen, die von Braunschweig aus Ziele in Europa anfliegen, habe Ryanair
angeboten. Damit hätten wir in zehn Jahren einen weiteren Standortvorteil.“
VW-Besucher und Mitarbeiter müssten dann nicht mehr über Hannover reisen.
Wie schön für Hahn: Verkehrsstau, Dreck und Lärm würden von ihm fernab bei
der Braunschweiger Bevölkerung verbleiben und die Kosten der von ihm
propagierten Fehlentwicklung würden angesichts des hoch defizitären
Braunschweiger Flughafens sowieso wieder beim Steuerzahler landen!
Interessant ist auch die Informationshandhabe im Braunschweigischen
Zeitungsmonopol:
- Am 17.05.2017 berichteten die Wolfsburger
Nachrichten über die Hahn’schen Thesen.
- Die Braunschweiger Zeitung schwieg über den
Vorgang – aus welchen Gründen auch immer. Erinnert sei an den Vorgang,
als die Braunschweiger Zeitung seinerzeit partout nicht über den
bedeutsamen Rückzug des Landes Niedersachsen aus der Flughafen
Braunschweig-Wolfsburg GmbH berichten wollte.
- Offenbar erst auf Nachfrage erschien dann
am 24.05.2017 im Werbeblatt „Neue Braunschweiger“ einen Artikel zu dem
Hahn’schen Vorstoß.
Herausgeber aller vorstehend genannten Printmedien ist die BZV Medienhaus
GmbH (Braunschweiger Zeitungsverlag).
10.06.2017
Ralf Beyer