Sperrung der
Grasseler Strasse
Ralf Beyer,
26.12.2009
Die
Volkswagen AG ist zweitgrößter Gesellschafter der Flughafen
Braunschweig-Wolfsburg GmbH und damit von entsprechendem Einfluss auf
diese Gesellschaft. Die Gesellschaft beabsichtigt, über die
Struktur-Förderung Braunschweig GmbH die Start- und Landebahn des
Flughafens von 1.680 m auf 2.300 m zu verlängern. Diesem Vorhaben sollen
in einer Zeit allseitiger Klimaschutzbemühungen Anfang Januar 2010 in
einem hoch geschützten Natura-2000-, Vogelschutz- und
Flora-Fauna-Habitat-Gebiet 60.000 Bäume des betroffenen Querumer Forsts
zum Opfer fallen - eine unverantwortlich erscheinende Maßnahme.
Dieses Vorhaben bedingt auch die
vollkommene Sperrung der viel befahrenen Grasseler Straße, die durch
eine verlängerte Start- und Landebahn unterbrochen würde.
Damit wäre eine der
Nord-/Süd-Verkehrsachsen in Braunschweig und Umgebung betroffen mit der
Folge, dass dann laut Planfeststellungsbeschluss bei einer Westumfahrung
des Flughafens 6.400 Kraftfahrzeuge pro Tag einen Umweg von etwa 2,75 km
in Kauf nehmen müssten. Hiervon sind - je nach Besetzung der Fahrzeuge -
unter Einschluss des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs mehr als 10.000
Personen werktäglich betroffen.
Dies ergibt im günstigsten Fall bei
einer Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h (Ortsverkehr) eine zeitliche
Verzögerung aller Kraftfahrzeugbewegungen von 21.120 Minuten oder 352
Stunden pro Tag. Erheblich größere Verzögerungen müssten Radfahrer und
Fußgänger ertragen.
Gleichzeitig ergibt sich werktäglich
für 6.400 Kraftfahrzeuge eine zusätzliche Umfahrungsstrecke von
insgesamt 17.600 km mit dem damit einhergehenden, zusätzlichen
CO2-Ausstoß und erhöhten Risiken im Bereich der Verkehrssicherheit.
Selbst im Planfeststellungsbeschluss
für die Verlängerung der Start- und Landebahn des Verkehrsflughafens
Braunschweig wird dazu festgestellt:
"Die Vollsperrung dieser Straße würde
für die Verkehrsteilnehmer zeitraubende Umwege erforderlich machen. Es
käme des Weiteren zu erheblichen Umwegverkehren durch die Ortslagen von
Waggum, Bienrode und Kralenriede bzw. Hondelage, Dibbesdorf und
Volkmarode. Der Kraftfahrzeugverkehr in Bienrode würde um über 54%
zunehmen, in Waggum sogar um mehr als 60%. Hinzu kommt, dass die
Schließung der Grasseler Straße eine völlige Neuorganisation der
ÖPNV-Erschließung von Waggum bedeuten würde. Schließlich bestehen
wichtige Verkehrsrelationen vom Südkreis Gifhorn über Bevenrode und
Waggum nach Querum zur dortigen IGS."
Die Volkswagen AG ist Hauptnutzer des
Flughafens Braunschweig-Wolfsburg. Die Geschäftsleitung und Besucher der
Volkswagen AG könnten bei einer Verlängerung der Start- und Landebahn
vollbetankt einige non-stop Ultralangstreckenflüge pro Jahr von
Braunschweig aus statt vom benachbarten Flughafen Hannover aus
durchführen.
So sehr der Wunsch nach effizientem
Transport verständlich ist, würde hier der Bequemlichkeit der
Geschäftsleitung und der Gäste der Volkswagen AG an einigen Tagen pro
Jahr eine Dauerbelastung der Bevölkerung mit einem Zeitverlust von
insgesamt 352 Stunden pro Werktag für mehr als zehntausend betroffener
Kraftfahrzeugnutzer für die nächsten Jahrzehnte entgegenstehen. Hinzu
kommen die vermeidbare Belastung der Umwelt sowie erhöhte
Sicherheitsrisiken für die Verkehrsteilnehmer.
Es wäre daher höchst begrüßenswert,
wenn sich die Volkswagen AG auch einer derartigen Betrachtungsweise des
Vorhabens zuwenden würde. Die Erfahrung zeigt, dass die Hinnahme von ein
wenig weniger Bequemlichkeit auf der einen Seite häufig erheblich
größere positive Effekte in ganz anderen und bisher nur unzureichend
betrachteten Bereichen der Geschäftswelt zur Folge haben kann.
Es mehren sich die Anzeichen, dass
bereits ein Moratorium in der Frage der Start- und Landebahnverlängerung
des Flughafens Braunschweig-Wolfsburg im Marketing der Volkswagen AG
werbewirksam platziert werden könnte. In der Zwischenzeit böte sich die
Gelegenheit, eine für alle Beteiligten akzeptable Alternative zu
entwickeln.
Auf der anderen Seite dürften bei einem
rücksichtslosen Vollzug des Vorhabens die dann für die Bevölkerung
täglich entstehenden Belastungen ein jahrelang währendes Dauerthema
hinsichtlich der sozialen und ökologischen Verantwortung der Volkswagen
AG gegenüber der Gesellschaft werden. Das weithin sichtbare Mahnmal
"Forschung JA - Starbahnverlängerung NEIN" und "Keine Waldvernichtung
für VW" an der Grasseler Straße würde dann mit neuem Slogan die
Verkehrsteilnehmer an diese Tatsache ständig erinnern.
Zuletzt aktualisiert am Samstag, den 13.
März 2010 um 21:54 Uhr