Braunschweiger Flughafen wie Gibraltar!
Flughafen
Gibraltar: Straße kreuzt Runway
Die Städte Braunschweig und Wolfsburg
hatten ein Gutachten zur wirtschaftlichen Situation des Flughafens
Braunschweig-Wolfsburg in Auftrag gegeben. In dem Gutachten werden
konkrete Empfehlungen zur Sanierung des Millionengrabs „Flughafen“
gegeben.
Offener
Dialog? – Fehlanzeige
Die Frage, ob sie das Gutachten kennen,
beantworteten der Aufsichtsratsvorsitzende Disterheft und der
Geschäftsführer Schwarz der Flughafengesellschaft am 20.08.2020 allerdings
mit „Nein“. Auf die mehrfache Nachfrage „Kennen Sie das Gutachten?“
antwortete Disterheft gar nicht mehr und Schwarz ausweichend mit „Bitte
haben Sie Verständnis, dass wir Privatpersonen hierzu keine Stellungnahme
abgeben.“
Auch gegenüber Gremien wie einem unmittelbar vom Flughafenausbau
betroffenen Stadtbezirksrat zeigt sich Schwarz verschlossen und meint,
letztlich sei der Flughafen nur der Behörde berichtspflichtig.
Schwarz hatte dem gegenüber bei seinem Amtsantritt 2018 angekündigt: „2019
wird für uns ein Jahr sein, in dem wir einen offenen Dialog mit Ihnen
suchen werden. Dieser Dialog wird in verschiedenen Foren stattfinden. Die
Themen Nachhaltigkeit und Umwelt werden wir in den Vordergrund rücken. Wir
freuen uns auf persönliche Gespräche, aber auch auf den gemeinsamen
Gedanken- und Ideen-Austausch.“
Gegenwärtige
Situation
Daraus wurde nichts und die
stellvertretende Bürgermeisterin des am stärksten vom Flughafenausbau
betroffenen Stadtbezirks Wabe-Schunter-Beberbach beschrieb die Situation
mit den Worten „Das große Lügen
geht weiter“.
Ein Beispiel: Die Volkswagen AG hatte einen Ausbau des Flughafens für
non-stop Langstreckenflüge ihrer Luftfahrzeuge von Braunschweig aus
gefordert. Derartige Flüge der VW-Flotte führten dann zu den schönsten
Orten dieser Erde wie z.B. Malediven, Seychellen, Karibik, Bahamas,
Bermuda oder Mallorca – allerdings nicht mit Abflug aus Braunschweig,
sondern von anderen Flughäfen ausgehend.
Laut Internetportal RadarBox fanden sich im Zeitraum April 2020 bis März
2021 unter 573 von Braunschweig ausgehenden Flügen der Volkswagen AG nur
vier Langstreckenflüge.
Angesichts einer derartig geringen Zahl von Langstreckenflügen erscheinen
die mit dem Ausbau exorbitant gestiegenen Kosten des Flughafens und
insbesondere die folgenschwere, rechtswidrige Sperrung der Grasseler
Straße vollkommen überzogen.
Hinzu kommt die drohende Rückforderung erschlichener Fördermillionen. Das
Bundesverkehrsministerium hatte mit Schreiben vom 15.10.2010
unmissverständlich festgestellt: „Der Bund hatte bei der Förderung des
Flughafens Braunschweig das Land Niedersachsen auf die Vorgabe des
Koordinierungsrahmens hingewiesen, dass im Fall der Förderung der
gewerbenahen Infrastruktur Betreiber und Nutzer weder rechtlich,
wirtschaftlich noch personell verflochten sein dürfen“. Die Volkswagen AG
ist jedoch bis heute u.a. durch Erbbaurechtsvertrag und jährliche
Zuschüsse mit dem Braunschweiger Flughafen eng verbunden. Dessen
ungeachtet flossen für den Ausbau des Flughafens öffentliche Gelder in
Höhe von mehr als 18 Mio. Euro.
Die
Gibraltar-Lösung
In dieser verfahrenen Situation bietet
sich eine Gibraltar-Lösung (Bild) an. Dabei bleibt die Grasseler Straße
für den Straßenverkehr und für Fußgänger geöffnet. Der Flugverkehr findet
auf der ursprünglichen Start- und Landebahn statt. In den wenigen Fällen,
in denen eine verlängerte Startbahn benötigt wird, wird wie am Flughafen
Gibraltar die Grasseler Straße für den Durchgangsverkehr kurzfristig
gesperrt.
Dem Einwand von Schwarz, die Gibraltar-Lösung sei rechtlich gar nicht
möglich, entgegnete das Bundesverkehrsministerium mit Schreiben vom
09.03.2021: „Es gibt in Deutschland keine spezielle Gesetzgebung, die die
Querung der Start- und Landebahn eines Flugplatzes durch einen anderen
Verkehrsweg, wie z.B. einer Straße, explizit verbieten würde.“
Mit der Gibraltar-Lösung für den Braunschweiger Flughafen könnte die 2010
mutwillig geschaffene Hinterhoflage des Braunschweiger Nordens beseitigt
werden. Damit würden auch die mit dem Ausbau des Flughafens verbundenen
Rechtsverstöße und gigantischen Fehlinvestitionen in einem etwas milderen
Licht erscheinen.
Die Gibraltar-Lösung ist auch Teil der Einwendungen im anstehenden
Änderungsplanverfahren gegen die von der Flughafengesellschaft beantragte
Null-Lösung. Laut Antrag soll die inakzeptable Verkehrssituation um den
Flughafen wie in den vergangenen 10 Jahren durch Nichtstun (Null-Lösung)
beibehalten werden.
Schlussbetrachtung
Noch attraktiver als die Gibraltar-Lösung
erscheint jedoch eine Wiederherstellung des status quo vor dem
Flughafenausbau mit Renaturierung der abgeholzten Waldflächen. Dann
erhielte Braunschweig seinen gewohnten Flughafen zu überschaubaren Kosten
zurück, der Norden Braunschweigs würde durch die Wiederöffnung der
seinerzeit für den Ausbau unterbrochenen Grasseler Straße aus seiner
Hinterhoflage befreit und die durch den Ausbau bedingten Verkehrsprobleme
gehörten der Vergangenheit an.
Ralf Beyer
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