Alles im grünen Bereich? Schutz vor Fluglärm
Die Bevölkerung rund um
den Flughafen Braunschweig-Wolfsburg klagt seit Jahren über den
zunehmenden Fluglärm. Doch besonders ärgert sie sich über die
ignoranten Äußerungen derer, die dafür verantwortlich sind bzw.
waren.
Ein
Beispiel: Auf einen Artikel vom 03.06.2017 unter
http://www.unser38.de/braunschweig-innenstadt/politisches/laermbelaestigung-oder-leise-wie-nie-d20692.html
zu den Bemühungen um eine Lärmreduzierung: „An
den Haaren herbeigezogen“, reagiert Klaus Wendroth,
CDU-Fraktionsvorsitzender, „ich halte das für einen Witz.“ Es gebe
überhaupt keine Beschwerden der Anwohner mehr. „Unser langjähriger
Vorsitzender Wolfgang Sehrt wohnt seit ewigen Zeiten am Flughafen, er
hat uns bestätigt: Es wird immer leiser.“
Sehrt
(CDU) hatte sich allerdings bereits am 18.07.2006 im Rat der Stadt
Braunschweig hervorgetan und für eine Landschaftsschutzgebietsverordnung
zum Schutz des Querumer Forsts plädiert: „Wir schaffen gerade die
Landschaftsschutzgebietsverordnung, um den Wald zu schützen“. Allerdings
war das Gegenteil beabsichtigt: Erst mit dieser Verordnung wurde es
rechtlich möglich, dass über 41.000 Bäume im Querumer Forst für eine
Startbahnverlängerung für die Volkswagen AG gefällt werden konnten.
Wendroth (CDU) war auch schon früher durch befremdliche Äußerungen
hervorgetreten. So teilte er beispielsweise am 16.07.2012 anlässlich der
Präsentation einer von den Flughafenbefürwortern in Auftrag gegebenen
Verkehrszählung wie erwartet mit: „Die Zahlen belegen, dass Waggum nach
der Kappung der Grasseler Straße nicht durch zusätzlichen Verkehr
belastet wird. Das Gegenteil ist sogar der Fall: viele Auswärtige, die
früher durch Waggum in die Braunschweiger Innenstadt gefahren sind,
nehmen heute einen anderen Weg."
Der
Fluglärmschutzbeauftragte für den Flughafen Braunschweig-Wolfsburg
stellt dazu im Jahresbericht 2016 nüchtern fest: „Seit dem Jahr 2014 ist
ein erheblicher Anstieg der Beschwerden zu verzeichnen, da die
Beschwerden seit diesem Zeitpunkt auch per E-Mail eingereicht werden
können“ und liefert eine Grafik zur Entwicklung der Beschwerdezahlen
über Fluglärm.
Entwicklung der Beschwerdezahlen
über Fluglärm in der Umgebung des Flughafens Braunschweig-Wolfsburg.
Quelle:
Jahresbericht 2016 des Fluglärmschutzbeauftragten des
Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit
und Verkehr für den Flughafen Braunschweig-Wolfsburg.
Doch nun verkündete der grüne Nds. Umweltminister Wenzel
(Bündnis90/Die Grünen) am 07.07.2017 zum Flughafen Braunschweig-Waggum:
"Ein Lärmschutzbereich
zum Schutz der Allgemeinheit nach § 4 Abs. 8 Fluglärmschutzgesetz ist
nicht erforderlich, da weniger als 100 Personen Schallpegeln in der
Tag-Schutzzone 2 von mehr als 60 dB ausgesetzt sind."
Na Bravo, doch wer von den betroffenen Lärmgeplagten glaubt's?
Selbst wenn die angezogenen gesetzlichen Regelungen und die
theoretischen Betrachtungen des Datenerfassungssystems (DES) gelten,
fragen die betroffenen Bürgerinnen und Bürger das Bündnis90/Die Grünen
und deren Nds. Umweltminister Wenzel:
- Hat es jemals Lärmmessungen des Nds. Umweltministeriums vor
Ort gegeben?
- Welche der "weniger als 100 Personen" sind jemals vom Nds.
Umweltministerium zu den Lärmbelästigungen befragt worden?
- Wann kommt ein Bedauern des grünen Nds. Umweltministers
gegenüber den Betroffenen, dass beim gegenwärtigen Stand kein
Lärmschutzbereich eingerichtet wird?
Hintergrund:
Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm
§
2 Einrichtung von Lärmschutzbereichen
Gesetz
zum Schutz gegen Fluglärm
§ 4
Festsetzung von Lärmschutzbereichen
Datenerfassungssystem (DES)
Anwendungsbereich
und Zielsetzung
Gemäß dem „Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm“ vom 01.06.2007 (BGBl I.
S.986) ist die Fluglärmbelastung in der Flugplatzumgebung unter
Berücksichtigung von Art und Umfang des voraussehbaren
Flugbetriebs zu ermitteln. Es ist daher erforderlich, detaillierte
Prognosedaten über den zukünftigen Flugbetrieb des jeweiligen
Flugplatzes
zu erstellen sowie genaue Angaben über den Verlauf der einzelnen
Flugstrecken
in der Umgebung des Flugplatzes zu machen. Diese Daten werden
mit dem vorliegenden „Datenerfassungssystem (DES)“ erfasst. Das
Datenerfassungssystem ist für folgende Flugplatzarten
anzuwenden:
1. Verkehrsflughäfen mit Fluglinien- oder Pauschalflugreiseverkehr,
2. Verkehrslandeplätze mit Fluglinien- oder Pauschalflugreiseverkehr und
mit einem Verkehrsaufkommen von über 25 000 Bewegungen pro Jahr;
hiervon sind ausschließlich der Ausbildung dienende Bewegungen mit
Leichtflugzeugen ausgenommen.
3. Militärische Flugplätze, die dem Betrieb von Flugzeugen mit
Strahltriebwerken zu dienen bestimmt sind,
4. Militärische Flugplätze, die dem Betrieb von Flugzeugen mit einer
höchstzulässigen Startmasse von mehr als 20 t zu dienen
bestimmt sind, mit einem Verkehrsaufkommen von über 25 000
Bewegungen pro Jahr; hiervon sind
ausschließlich
der Ausbildung dienende Bewegungen mit Leichtflugzeugen ausgenommen.
Darüber hinaus sollen gemäß § 4, Abs. 8 des Gesetzes zum Schutz gegen
Fluglärm auch für andere als die vorstehend
genannten Flugplätze Lärmschutzbereiche festgesetzt werden, wenn es der Schutz
der Allgemeinheit erfordert. Auch hierfür ist dieses
Datenerfassungssystem zu verwenden. Auf der Grundlage der
mit
dem Datenerfassungssystem erhobenen Daten erfolgt die Fluglärmberechnung
nach
der „Anleitung zur Berechnung von Lärmschutzbereichen (AzB)“.
07.07.2017
Ralf
Beyer