Initiativen Fluglärm in Mainz und
Rheinhessen
Lärmschutz um den Frankfurter Flughafen
(Auszüge)
2.11.2011
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,
in der Anlage finden Sie einen Link zu Videos der gestrigen Reden im
hessischen Landtag.
Obwohl im Zuschauerbereich noch ca. 60 Plätze frei waren, hatte man mir
gestern morgen von der Landtagsverwaltung
versichert, dass keine Karten mehr zur Verfügung stehen. Sehr
verwunderlich. Möglicherweise kennt man dort
meinen Namen.
Wohlgemerkt - ich habe im hessischen Landtag niemals demonstriert, bin
nie aufgefallen und habe auch kein Hausverbot.
Vor dem Landtag, außerhalb der Bannmeile, hatten sich ca. 250 Bürger
völlig friedlich versammelt, welche die
Wahrung Ihrer grundgesetzlich geschützten Rechte verlangen. Es waren
Bürger aus Flörsheim, Kelsterbach,
Mörfelden, Mainz, Wiesbaden - aus der ganzen Region anwesend.
Das Angebot der Fraktion "Die Linke" eine Gruppe von 50 Personen, in
ihre eigenen Räume einzuladen und die Sitzung an
Hand einer Großbildprojektion verfolgen zu lassen, was am Vortag mit
der Verwaltung abgestimmt war, wurde vom
Landtagspräsidenten unmittelbar vor der Sitzung verboten. Entsprechende
Beschwerden der Fraktion haben nicht zum Erfolg
geführt. Da solche Besuchergruppen durchaus üblich sind, ist dieses
Verhalten der Landtagsverwaltung ebenso zu
beanstanden, wie die Nichtnutzung verfügbarer Besucherplätze auf den
Besucherrängen. Zudem wurde die Fraktion
verpflichtet eine Fotoausstellung von Walter Keber, über die
Auseinandersetzungen um die Startbahn 18 West, in den
Räumen der Fraktion abzuhängen.
Völlig unabhängig von meiner eigenen politischen Einstellung, bin ich
der Überzeugung, dass dieses Verhalten
einer Demokratie nicht würdig ist. In einer funktionierenden Demokratie
muss es Grundsatz bleiben, dass jeder Fraktion
die selben Rechte zustehen. Wo sollte es hin führen, wenn der
Oppositionsfraktion weniger Rechte zugestanden werden, als
den Regierungsfraktionen. Schließlich ist es Aufgabe des Parlamentes
die Arbeit der Regierung zu kontrollieren. Hier
spielt die Opposition eine äußerst wichtige Rolle.
Mit freundlichen Grüßen
Dietrich Elsner
Sprecher des Arbeitskreis Fluglärm Mainz-Lerchenberg
Koordinator der Initiativen Fluglärm in Mainz und Rheinhessen
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31.10.2011
Am 28.10.2011 gab es in der Frankfurter Neue Presse ein Interview mit
dem Verwaltungsrechtler Prof. Rudolf Steinberg, und
darüber, warum das vorläufige Nachtflugverbot keinen Bestand haben
kann, siehe Link.
http://www.fnp.de/fnp/region/hessen/nachtflugverbot-h-lt-nicht_rmn01.c.9319067.de.html
(link expired)
Prof. Steinberg war Präsident der Goethe-Universität in Frankfurt und
in dieser Eigenschaft saß er im Beirat
der Erich-Becker-Stiftung. Die Stiftung ist eine Stiftung der Fraport
AG.
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2.11.2011
Liebe Mitstreiter,
ich war gestern auch in Wiesbaden, deshalb meinerseits ein paar
Anmerkungen dazu:
Es war richtig, dass wir dorthin gefahren sind, um zu demonstrieren.
Wie groß die Angst der Landtagsverwaltung und des
Landtagspräsidenten (Herrn Kartmann von der CDU) war, kann man an drei
Dingen sehr deutlich erkennen:
- Auf 200 Demonstranten kamen vierhundert Polizisten, die
rund um den Landtag und noch in einigen
Seitenstraßen postiert waren. Man hätte als unbefangener Beobachter den
Eindruck gewinnen können, die
Demonstranten wollten den Landtag stürmen.
- Bereits vor Beginn der Plenardebatte hat der
Ältestenrat in einer Sitzung beschlossen, dass die LINKEN die
Fotoausstellung: „Alle 25 Jahre in den Wald…? zur Auseinandersetzung um
die Flughafenerweiterung in Frankfurt
von 1970 bis heute“ in ihren Fraktionsräumen abhängen müssen und diese
nicht, wie ursprünglich
geplant, bis Ende November 2011 dort hängen bleiben kann.
- Mit Hinweis auf eine „ungeklärte Sicherheitslage“ wurde
50 Teilnehmern der Demonstration der
Zutritt zu den Fraktionsräumen der LINKEN verwehrt. Sie wollten sich
dort die Fotoausstellung ansehen und im
Fraktionssitzungssaal der LINKEN die Landtagsdebatte mit verfolgen. Die
Forderung der Fraktion die LINKEN durch eine
Ältestenratssitzung abzuklären, ob diese Anweisung des
Landtagspräsidenten gerechtfertigt sei, nachdem Tags
zuvor der LINKEN diese Besuchergruppe zu gesichert wurde, ist ein
einmaliger Falle in der Geschichte des Landtages. Teile der
betroffenen Bürgerinnen und Bürger werden daran gehindert, ihr
demokratisches Recht wahrzunehmen und den Hessischen
Landtag zu besuchen!!! Die ist eigentlich nur in den sogenannten
Bananenrepubliken möglich.
Ich hätte es aufgrund dieses skandalösen Verhaltens der
Landtagsverwaltung für richtig erachtet,
wenn alle Demonstranten sich in die Bannmeile begeben hätten, um
ihren Protest zum Ausdruck zu bringen. Nach
meiner Einschätzung hätte es sich die Polizei angesichts der vielen
Bürger, die zum Einkaufen auf den
Straßen waren, nicht erlauben können, gewaltsam gegen die Demonstranten
vorzugehen. Beim nächsten Mal sollten
wir diese Aktion machen und das Bannmeilengesetz ignorieren.
Außerdem schlage ich vor, nicht erst im Februar nächsten Jahres eine
Demonstration im Terminal 1 zu machen,
sondern noch vor Weihnachten einen entsprechenden Termin zu finden. Wir
dürfen jetzt keine Ruhe geben, sondern der
Politik und Luftfahrtlobby das Leben schwer machen. Jede Aktion nervt
diese Damen und Herren, deshalb jetzt nicht
nachlassen.
Mit den besten Grüßen
Dirk Treber
Interessengemeinschaft zur Bekämpfung des Fluglärms (IGF)
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Pressemitteilung
Wiesbaden, 1. November 2011
Landtagssondersitzung zum Fluglärm: Besuchern der LINKEN wird der
Einlass verwehrt
Die Fraktion DIE LINKE hatte Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer
Protestkundgebung gegen den Flughafenausbau und für
ein Nachtflugverbot ermöglichen wollen, im Fraktionssaal per
Videoübertragung der Sondersitzung des Landtags zu
folgen. Das wurde der LINKEN untersagt. Dazu erklärt Marjana Schott,
umweltpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE.
im Hessischen Landtag:
„Was für ein fatales Signal: Für die für die Kundgebung angereisten,
fluglärmgeplagten Menschen
bleibt der Hessische Landtag verschlossen. Dieses Verhalten passt zur
Politik der schwarz-gelben Landesregierung in Hessen:
verschlossene Türen für das Gros der Bevölkerung – offene Türen für
Vertreter von Fraport,
Lufthansa und Co.
Es steht für einen erschreckenden Mangel an Souveränität, sich
gegenüber den Menschen, die Opfer einer
verfehlten Verkehrspolitik sind, abzuschotten.“
Wenn die Landesregierung glaube, auf diese Weise die Proteste klein
halten zu können, habe sie sich getäuscht.
Entscheidungen wie die heutige würden den Protest und Widerstand gegen
eine Politik des ‚Schneller, Höher,
Weiter‘ nur weiter anfeuern – und das sei letztlich gut so.
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Thomas Klein
Pressesprecher
Fraktion DIE LINKE im Hessischen Landtag
Schlossplatz 1-3
65183 Wiesbaden
Tel: 0611 / 350.6079 - Fax: 0611 / 350.6091
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2.11.2011
Höchster Kreisblatt:
Jet fegt Ziegel vom Dach
Eine Wirbelschleppe sorgt für Schäden an einem Gebäude, das nur wenige
Meter vom Kindergarten entfernt ist
Seit der Eröffnung der Nordwest-Landebahn vor 12 Tagen ist es der
zweite Vorfall, der von einem landenden Flugzeug
ausgelöst wurde. Beim ersten Mal fiel eine ölhaltige Substanz aus der
Landeklappe eines Jets auf ein Anwesen in der
Lahnstraße, beim zweiten Vorfall rissen Luftwirbel, die von einem
Düsentriebwerk ausgelöst wurden, mehrere
Ziegel vom Hausdach.
Von Niklaus Mehrfeld
Flörsheim. Beschreibung: Uwe Schüttler (links) und Mario Müller bringen
am First des Hausdaches die neuen
Ziegel an. Insgesamt elf Ziegelsteine waren durch die Wirbelschleppe
eines Flugzeuges von dem Dach gerissen (kleines Foto)
worden und krachten auf den Gehweg vor dem Haus. Fotos: Hans Nietner,
Uwe Schüttler (links) und Mario Müller
bringen am First des Hausdaches die neuen Ziegel an. Insgesamt elf
Ziegelsteine waren durch
die Wirbelschleppe eines Flugzeuges von dem Dach gerissen (kleines
Foto) worden und krachten auf den Gehweg vor dem Haus.
Fotos: Hans Nietner Elf Dachziegel fielen am Dienstag aus einer Höhe
von circa neun Metern von einem Hausdach in der
Hennebergstraße im Neubaugebiet Nord. Personen wurden nicht verletzt.
Das Gebäude liegt nur wenige Meter von der
Kindertagesstätte "Villa Kunterbunt" in der Adam-Opel-Straße entfernt.
Gestern waren Mitarbeiter einer
Flörsheimer Dachdecker-Firma damit beschäftigt, das durch den Absturz
der elf Ziegeln verursachte "Loch" auf dem
Hausdach wieder mit Ziegeln neu einzudecken. Einer der Dachdecker, die
gestern mit den Arbeiten auf dem Gebäude
beschäftigt waren, berichtete, dass seine Kollegen und er bisher bei
ähnlichen Fällen in Raunheim auf die
Dächer gestiegen sind.
Ziegelfall in Raunheim
In der Nachbarstadt Raunheim ist es nämlich schon seit vielen Jahren in
unregelmäßigen Abständen an der
Tagesordnung, dass Dachziegel von den Hausdächern fallen. Grund dafür
sind die ebenfalls in niedriger Höhe
über der Stadt fliegenden Maschinen, die bei ihren Landeanflügen
unbewohnte und bewohnte Gebäude in Raunheim
überfliegen. Der Sog, der dabei über den Hausdächern entsteht, hebt die
Ziegel an und reißt sie aus
Dachlage heraus. Glücklicherweise wurden bisher nur wenige Menschen von
den herabfallenden Ziegeln leicht verletzt. Bei
den meisten anderen Fällen wurden nur Sachschäden gemeldet.
Fraport-Mitarbeiter sind nach solchen
Unglücksfällen stets schnell zur Stelle, um den Vorfall zu
dokumentieren. Steht fest, dass es sich bei den
abgestürzten Dachziegeln um die Folge eines Überfluges handelt, so
übernimmt die Fraport sämtliche Kosten
zur Schadensbeseitigung. Auch bei Personenschäden, wie es juristisch
heißt, tritt sie als Zahlerin der anfallenden
Behandlungskosten auf.
Kosten-Übernahme
Bei dem Fall in der Hennebergstraße ist es genau so. Auf Anfrage des
Kreisblatts erklärte Fraport-Mitarbeiter
Frank Cornelius, dass die Fraport AG als Betreiber des Frankfurter
Flughafens gesetzlich verpflichtet sei, für die
Schäden aufzukommen. Zudem wolle die Fraport aber auch "als guter
Nachbar" wahrgenommen werde. Alle anfallenden Kosten
für die Reparatur des Hausdaches übernehme selbstverständlich der
Flughafenbetreiber. Der Hauseigentümer
habe eine dementsprechende Mitteilung bereits erhalten. "Man darf diese
Fälle nicht auf die leichte Schulter nehmen",
sagte Frank Cornelius zu dem zweiten Fall innerhalb von zwölf Tagen im
Baugebiet Nord. Von einem weiteren Ziegel-Absturz
in der Schönbornstraße wusste Frank Cornelius gestern nichts. "Ich weiß
nur von dem Vorfall in der
Hennebergstraße", sagt der Fraport-Mitarbeiter.
Wie bereits berichtet, waren ölhaltige Rückstände aus der Landeklappe
eines Flugzeugs auf ein Anwesen in der
Lahnstraße gestürzt und hatten unter anderem die Fassade des Hauses
verschmutzt. "Das sah hier ganz wild aus",
hatte Hausbesitzer Josef Auth gegenüber dem Kreisblatt erklärt. Er sei
dann zur Polizeistation gefahren und habe
den Vorfall gemeldet. Auth hatte die Beamten außerdem aufgefordert,
sich die Verschmutzungen auf seinem Grundstück
anzusehen. Wenige später seien dann Polizei sowie Mitarbeiter der
Fraport gekommen und hätten sich von der
öligen Substanz, die auf sein Areal gefallen war, einen Eindruck
verschafft. Später sei ein Polizeihubschrauber
über dem Haus gekreist und habe Aufnahmen gemacht.
Bürgermeister Michael Antenbrink sei ebenfalls zu seinem Haus gekommen,
um sich einen Eindruck von dem Malheur zu
machen. Wie Frank Cornelius von der Fraport AG erläuterte, bestand nach
den Labor-Untersuchungen die Flüssigkeit,
die aus der Landeklappe eines Flugzeuges gefallen war, aus Wasser sowie
ölhaltigen Reinungswachsresten.
Um Bremsflüssigkeit oder Desinfektionsmittel von Toilettenanlagen, wie
zuerst vermutet wurde, habe es sich dabei aber
nicht gehandelt, sagte Cornelius. Dies hätte das Labor-Ergebnis
eindeutig ergeben.
Kommentare
Genervter Anwohner schrieb am 02.11.2011 06:52 Uhr
Egal was es ist
Ist es nicht egal was vom Himmel kommt...schlimm genug das etwas runter
kommt...schlimm genug das Eigentum beschädigt
wird....leider wird es irgendwann eben nicht nur Sachbeschädigung
sein...aber dann übernimmt bestimmt die Fraport
auch die Beerdigungskosten .....wenn eben einer von einem Teil
erschlagen wird. Man ist ja ein guter Nachbar...ich muss bei
solchen Aussagen wirklich an mich halten.
Demonstrantin: "Sogar die Hunde ducken sich"
Der Verlust der Lebensqualität nach der Eröffnung der
Nordwest-Landebahn sorgt für Aufruhr bei den
Flörsheimern Gestern debattierte der Landtag in einer Sondersitzung
über das Nachtflugverbot. Außerhalb der
Bannmeile versammelten sich Demonstranten, um mehr Schutz vor Fluglärm
zu fordern. Auch Flörsheimer fuhren nach
Wiesbaden. Außer Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD) und der
Galf-Fraktionsvorsitzenden Renate Mohr gaben dort
viele betroffene Bürger ihre Meinung kund.
Von Sascha Kröner
Flörsheim/Wiesbaden. Beschreibung: Vor dem Rathaus in Wiesbaden
versammelten sich auch Protest-Teilnehmer aus Hochheim
und Flörsheim. Foto: Franz Schmidt. Vor dem Rathaus in Wiesbaden
versammelten sich auch Protest-Teilnehmer aus Hochheim
und Flörsheim. Foto: Franz Schmidt Die Botschaft der Plakate und
Spruchrollen ist eindeutig: "Rote Karte für
Nachtflüge" und "Nachts brauche ich Schlaf" ist auf den Tafeln zu
lesen, die Demonstranten über ihren Köpfen
schwenken.
Auch die Flörsheimerin Silke Bolender hat den Weg nach Wiesbaden auf
sich genommen. "Für eine gute Nacht", steht
auf dem Schild, das die Bewohnerin der Mainstadt mitgebracht hat. Sie
ärgert sich über die starke Belastung, die
Flörsheim zugemutet wird. "Wo gibt es denn so was, dass Menschen nichts
mehr wert sind?", fragt die Demonstrantin
entrüstet. "Lärm macht krank", hat Margit Eckert auf einer Tafel
notiert. Die Teilnehmerin der Protestveranstaltung
wohnt im Buchenweg in Flörsheim und leidet unter dem zunehmenden
Fluglärm. Die Angst vor dem Verlust der
Lebensqualität hat sie dazu gebracht, in Wiesbaden zu demonstrieren:
"Das ist nicht mehr lebenswert bei uns", sagt die
Flörsheimerin. So richtig kann Margit Eckert gar nicht glauben was sich
seit der Eröffnung der Nordwest-Landebahn
abspielt. "Ich habe manchmal das Gefühl, alles sei ein böser Traum",
erklärt die Demonstrantin. "Doch man
wacht nicht auf." "Gestern dachte ich, unser Dach hebt ab", erzählt
Christa Spielmann. Die Flörsheimerin ist aus
der Phillip-Schneider-Straße nach Wiesbaden gefahren, um ihrem Ärger
Luft zu machen. Man müsse die Politiker
nach Flörsheim einladen, findet sie. "Wenn die Flugzeuge nur alle zwei
Stunden kommen würden, wäre es ja noch
erträglich", so Christa Spielmann. Doch die Abstände von anderthalb
Minuten seien unerträglich.
Die Gläser wackeln
"Sogar die Hunde ducken sich", betont Tochter Nicole Spielmann. Sie
fordert, dass die Maschinen nicht mehr über das
Wohngebiet fliegen. Die 65 Dezibel, die bei der Einteilung der
Lärmschutzzonen für ihr Wohngebiet festgelegt worden
seien, erreiche man schon bei geschlossenen Fenstern. "Bei mir wackeln
die Gläser in der Vitrine", fügt die
Flörsheimerin Alexandra Prowald hinzu. "Ich habe am Tag der
Landebahneröffnung auf der Straße gestanden, und
mir sind die Tränen gekommen."
Auch Sabine Wendel aus der Eddersheimer Straße fürchtet um ihre
Gesundheit: "Ich bin total gesund, wache aber in
letzter Zeit morgens mit Herzrasen auf", erklärt die besorgte
Flörsheimerin. "Da ist so eine innere Unruhe",
beschreibt sie die Auswirkungen des Lärms.
Kein Typ für Demos
Claus Herma hat sein Büro im Keller seines Wohnhauses in der
Kurfürstenstraße. Er sei eigentlich nie der Typ
gewesen, der auf Demonstrationen geht, erzählt der Flörsheimer. Doch
mit der Landebahn wurde alles anders: "Die
fliegen direkt bei mir übers Dach", klagt Herma. Laut Casa-Programm
zähle sein Haus aber nicht zum Kerngebiet. Am
Info-Telefon habe man ihm mitgeteilt, dass er mit Änderungen erst in
drei Jahren rechnen könne, berichtet er
ungläubig.
Beim Minimalziel sind sich alle Flörsheimer Demonstranten einig: Der
Erhalt des Nachtflugverbotes sei nun mal zuerst das
Allerwichtigste, erklärt Sabine Wendel. "Mein wichtigstes Ziel ist,
dass das Nachtflugverbot bleibt", betont Margit
Eckert.
Warnsystem mit Beigeschmack
Mivotherm funktioniert laut Ministerium einwandfrei. Wegen der geringen
Überflughöhen haben die Menschen in
Eddersheim und Flörsheim Angst vor einem Vogelschlag. Nach einer
Erklärung des hessischen Wirtschaftsministeriums
zur Anlage bleiben bei der Stadt leise Zweifel.
Hattersheim. Beschreibung: Einer der drei Anlagenstandorte von
Mivotherm befindet sich auf Eddersheimer Gemarkung unweit der
Autobahnbrücke. Foto: Nietner. Einer der drei Anlagenstandorte von
Mivotherm befindet sich auf Eddersheimer Gemarkung
unweit der Autobahnbrücke. Foto: Nietner Diese Nachricht ist Wasser auf
die Mühlen der Fluglärm-Gegner: Am
Flughafen Fuhlsbüttel musste am Montag eine Boeing 757-300 mit 253
Insassen kurz nach dem Start ihren Flug nach Hurghada
in Ägypten abbrechen und wieder am Hamburger Airport landen. Der Grund:
Der Pilot hatte das linke Triebwerk in den
Leerlauf geschaltet, nachdem die Maschine mit einem Schwarm Vögel
kollidiert war.
Das Schreckensszenario einer Notlandung oder gar eines
Flugzeugabsturzes wegen eines Vogelschlages zeigt die
Bürgerinitiative (BI) für Umweltschutz Eddersheim für das Umfeld der
Nordwest-Landebahn nicht erst seit
vorgestern auf. Die BI bezweifelt die Zuverlässigkeit des
Vogelschlagwarnsystems Mivotherm, das von Flughafenbetreiber
Fraport am Mainufer betrieben wird.
Pünktlich zur Eröffnung der Nordwest-Bahn, nämlich genau am 21.
Oktober, hat das hessische
Wirtschaftsministerium Unterlagen und Informationen über Mivotherm der
Münchner Kanzlei zukommen lassen, die die
Anwälte auf Wunsch der Kommunen am Main angefordert hatte. Die Antwort
aus Wiesbaden hat nach Einschätzung von
Alexander Schwarz, der sich im Hattersheimer Rathaus um das Thema
kümmert, "ein bisschen Geschmäckle".
Das Ministerium kam zu dem Schluss, dass Mivotherm voll funktionsfähig
ist. Das überrascht nicht, sonst hätten
am 21. Oktober theoretisch die ersten Flugzeuge auf der neuen Bahn
wegen des zweifelsfrei bestehenden Vogelschlagrisikos gar
nicht landen dürften.
Mit heißer Nadel gestrickt
"Der Gutachter kommt in seiner qualitätssichernden Beurteilung vom 17.
Oktober zu dem Ergebnis, dass die Forderung des
Planfeststellungsbeschlusses für Mivotherm gewährleistet sind und die
Integrität des Systems nach dem Stand
der Technik und im Rahmen der Anforderungen an das System
sichergestellt ist", heißt es.
Für einen faden Beigeschmack bei den Fluglärm-Gegnern sorgt nicht etwa
diese Tatsache. Auch nicht, dass das
Gutachten erst am 17. Oktober fertig gestellt wurde, "also mit heißer
Nadel gestrickt worden ist", wie Schwarz
vermutet, obwohl es schon länger auch von den Grünen im hessischen
Landtag gefordert worden ist. Nein, Schwarz
zweifelt indirekt die Glaubwürdigkeit der Tübinger Gutachterfirma
"Leosys GmbH" an. Deren
einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer Dr. Wolf-Dietrich
Büchtemann betreibe unter derselben Adresse
noch eine weitere Firma ("Dr. Büchtemann Optronic"). Auf deren
Internetseite wird als Referenz wiederum die "Zeiss
Optronic GmbH" angegeben – und die hat Mivotherm gebaut.
Die Münchner Anwälte und deren Auftraggeber bezweifeln nun, ob eine
Gutachterfirma das zu bewertende Produkt eines
Herstellers objektiv beurteilen kann, wenn deren Geschäftsführer selbst
schon für ihn gearbeitet hat.
Über ihr weiteres Vorgehen haben die Fluglärm-Gegner noch nicht
entschieden. Zunächst habe man beim
Wirtschaftsministerium ausführlichere Unterlagen angefordert. Bisher
gab es aus Wiesbaden nur eine Zusammenfassung.
Mivotherm enthalte Wärmebildkamerasysteme, die Vogelschwärme entlang
der Mainlinie in einer Höhe von 90 bis
150 Meter und einer Breite von 200 Metern überwache, schreibt des
Ministerium. Mit dem System seien Vorwarnzeiten von
fünf bis sieben Minuten an die DFS und die Lotsenarbeitsplätze
gewährleistet. Auf Anfrage des Kreisblattes
teilte Fraport-Sprecher Mike Peter Schweitzer mit: "Seit Eröffnung der
Landebahn Nordwest ist das
Vogelschlagvorwarnsystem Mivotherm aktiv und arbeitet einwandfrei. Ein
erhöhtes Vogelschlagrisiko besteht somit nicht."
rem
Fraport stellt sich den Bürgern
02.11.2011 - FLÖRSHEIM
(red). Ab Freitag wird das Info-Mobil der Fraport AG wieder in der
Region unterwegs sein. Mitarbeiter aus verschiedenen
Bereichen des Unternehmens werden die Menschen zu Themen rund um den
Flughafen Frankfurt zu informieren und mit ihnen ins
Gespräch kommen. „Wir möchten mit den Menschen in der Region in
direkten Dialog treten und verdeutlichen,
dass wir ihre Sorgen ernst nehmen“, sagte Fraport Vorstandsvorsitzender
Dr. Stefan Schulte bei der Vorstellung der
Termine.
Schwerpunkte werden der Flughafenausbau, die neuen Flugrouten und
Betroffenheiten sowie das Schallschutzprogramm sein.
„Der Flughafen Frankfurt ist eine wichtige Säule der wirtschaftlichen
Prosperität der Region und trägt
in großem Maße zu der Entwicklung der Arbeits- und Ausbildungsplätze
bei. Dabei ist es aber stets unser
Anliegen, die Belastungen für das Umland durch lärmmindernde Maßnahmen
zu reduzieren“, so Schulte
weiter. Am Freitag,
4. November, startet das Info-Mobil in Flörsheim
am Gisbert-Beck-Kreisel. Interessierte Flörsheimer können hier von 14
bis 18 Uhr mit Fraport-Mitarbeitern in den
Dialog treten und sich anhand von Broschüren, Karten und
Dokumentationsmaterialien informieren.
Einen Tag später steht das Fraport-Infomobil zwischen 10 und 14 Uhr in
Raunheim.
Wiesbadener Kurier:
Kreistag fordert: Flughöhen überprüfen
02.11.2011 - MAIN-TAUNUS/HOCHHEIM
Von Angelika Heyer
EILANTRAG Einmütige Forderungen an das Land
Der Main-Taunus-Kreistag hat die Hessische Landesregierung in einem
Eilantrag aufgefordert, sich für ein absolutes
Nachtflugverbot ohne Ausnahmen einzusetzen und das Mediationsergebnis
zum Flughafenausbau umzusetzen. Anlass ist die
„zusätzliche, unerträgliche Lärmbelastung“ der Main-Taunus-Gemeinden
seit Inbetriebnahme der neuen
Landebahn vor knapp zwei Wochen, wie es in dem gemeinsamen Antrag von
CDU, SPD, Grünen, FDP und FWG heißt.
Besonders in Flörsheim und Hochheim sind viele Menschen verzweifelt,
seit die Flugzeuge in niedriger
Überflughöhe zeitweise im Minutentakt über ihre Häuser donnern. Aber
auch die anderen Orte im Kreis sind
mittlerweile (vor allem von Startern) stärker belastet Die
Main-Taunus-Politiker fordern außerdem, dass
überprüft wird, ob die vorgesehenen Flugrouten und Flughöhen so
eingehalten werden, wie im
Planfestsstellungsverfahren und den Betriebsgenehmigungen vorgesehen.
Besonders aus Flörsheim werde berichtet, dass
nicht auf der vorgesehenen Linie geflogen werde. Der in Hochheim
lebende Kelkheimer Erste Stadtrat Dirk Westedt (FDP) wies
darauf hin, dass als Ausgleich für den Ausbau lärmschonende
Anflugverfahren zugesagt worden seien, die nicht
eingehalten werden. Wenn leisere Anflugverfahren nur mit größeren
Abständen zwischen den Flugzeugen
möglich seien, dann müssten diese Abstände eben eingehalten werden, so
Westedt. Der Kreistag fordert auch
Schadstoffmessungen. Viele Bürger hätten den Eindruck, dass es nach
Kerosin rieche, sagte der frühere
Hattersheimer Bürgermeister und SPD-Kreistagsabgeordnete Hans Franssen.
„Die Menschen sind nichts wert“
02.11.2011 - FLÖRSHEIM
Von Susanne Wildmeister
REAKTIONEN Flörsheimer leiden unter Fluglärmzuwachs / Sorge um Kinder,
Gesundheit und Heimat
Flörsheim steht unter Schock. Fassungslos und ohnmächtig versuchen die
Menschen, mit dem dramatischen
Fluglärmzuwachs seit Eröffnung der Nordwest-Landebahn zu leben. In
einer Flut von Mails und Telefonaten
äußerten sie sich bei dieser Zeitung.
Viele Flörsheimer empfinden die tieffliegenden, lauten Maschinen als
Bedrohung, ihr Alltag wird von dem Dauerlärm
bestimmt, die Nerven liegen blank. Die vor Inbetriebnahme der Bahn
definierten Lärmschutzzonen scheinen willkürlich
festgelegt. Auch außerhalb der Kern- und Übergangszonen werden hohe
Lärmwerte registriert.
Was sind Häuser noch wert?
Die einzige Alternative ist für die meisten Betroffenen, die sich
gegenüber dieser Zeitung äußerten, ein
Umzug. Nun bangt man darum, was die verlärmte Immobilie noch wert ist,
ob die eigene „Altersvorsorge ad absurdum
geführt“ wird. Von „Enteignung“ ist die Rede. Die Sorge gilt vor allem
den Kindern, die unter dem
Lärm leiden. Es gibt die „Angst vor dem Sommer“ und die Trauer um den
Verlust der Heimat. „Ich
fühle mich in meiner Heimatstadt nicht mehr wohl“, schreibt die
24-jährige Julia Kiedrowski. Stadtplaner
Professor Horst Thomas fürchtet um die Sozialstruktur der Stadt. Wer es
sich leisten könne, ziehe weg. „Es
sind die Beweglichsten und es sind die Leistungsträger, die die Stadt
braucht.“
„Ein Dauerschallpegel von 65 Dezibel ist so, als stünde man den ganzen
Tag mitten auf einer sechsspurigen
Hauptverkehrsstraße“, schreibt Christine Bosenius. Die Flörsheimer
müssen Einzelschallereignisse von
mehr als 90 Dezibel ertragen. „Wie bitte, kann das auszuhalten sein“,
fragt sie. „Das geht gar
nicht“, meint Carmen Alhof. Sie war am Samstag um 5 Uhr morgens wach,
um 8 Uhr saß sie weinend auf der Couch -
sie, die von klein auf Fluglärm gewohnt war. Gestern Morgen hat sie mit
ihrer Handy-App 89 Dezibel auf ihrer Terrasse
gemessen - in Überflugzone II.
Die beiden Kinder wünschten sich nun statt einer neuen Einrichtung für
ihre Zimmer zu Weihnachten einen Umzug. Auf
Schallschutzmaßnahmen müsse sie fünf Jahre warten, so eine Auskunft von
Fraport. „In fünf Jahren
können Sie mich in der JVA besuchen, bis dahin bin ich Amok gelaufen“,
sagt Carmen Alhof.
Ihre Katze gehe nach einer traumatischen Lärmerfahrung nun nicht mehr
auf den Balkon, sagt Sandra Kobin. Vielleicht
sollte man den Tierschutz einschalten. Der greife womöglich besser als
der Schutz der Menschen. „Es geht vor allem
um die Kinder“, betont sie. Einige aus der Kita seien jetzt jeden
Morgen um 5.30 Uhr wach. Auf dem Weg zur Schule
richteten die Älteren den Blick nur noch zum Himmel und achteten nicht
mehr auf den Straßenverkehr.
Auch Cigdem Bengil aus der Eppsteiner Straße ist als Mutter besorgt.
„Die Menschen werden ignoriert. Wir sind
nichts wert.“ Der Lärm, dem die Kinder an der Paul-Maar-Schule
ausgesetzt seien, sei
„menschenunwürdig“.
Cigdem Bengil arbeitet im Bereitschaftsdienst im Krankenhaus - die
nötigen Ruhephasen, um nach der Arbeit wieder Kraft
zu tanken, gibt es nicht mehr. Christina Roth sieht die Zeit auf der
Arbeitsstelle nun sogar als Erholung an. Abends denke
sie „ohje, jetzt musst Du wieder heim zu diesem schrecklichen Lärm“.
Ruhephasen fehlen
Trotz aller Ohnmacht wollen die Flörsheimer nicht aufgeben. Leisere
Flugzeuge, optimierte Anflugrouten, eine Ausweitung
der Schallschutzprogramme und ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr
werden gefordert. Andere nutzen mehrmals täglich das
Fluglärm-Beschwerdetelefon und nehmen an Protestaktionen teil. Fair
wären für Klaus Gröschl
Entschädigungszahlungen oder der Aufkauf von Häusern durch Fraport.
Dafür könnte jeder Passagier einen
„Lärmtaler“ in Höhe von fünf Euro entrichten - „das entspricht einem
Drink auf Malle“.
Die 21-jährige Julia Dienst schreibt: „Dennoch hoffe ich, dass
Flörsheim nicht resigniert, sondern weiter
für seine Rechte kämpft!“
Beschreibung: Ein Bild, an das sich die Flörsheimer nur schwer gewöhnen
können: Seit Inbetriebnahme der neuen
Landebahn donnern die Flugzeuge in schnellem Takt über die
Untermainstadt. Viele Flörsheimer fühlen sich
ohnmächtig, manche denken gar an Wegzug. Foto: Vollformat / Volker
Dziemballa
Ein Bild, an das sich die Flörsheimer nur schwer gewöhnen können: Seit
Inbetriebnahme der neuen Landebahn
donnern die Flugzeuge in schnellem Takt über die Untermainstadt. Viele
Flörsheimer fühlen sich
ohnmächtig, manche denken gar an Wegzug.
APPELL
Der katholische Pfarrer Frank-Peter Beuler appelliert an seine
Mitbürger: Lebensentscheidungen wie das Verlassen der
Heimat dürften nicht das Produkt einer Kurzschlussreaktion sein, auch
wenn die Lage aussichtslos erscheine.
Er begrüßt es, dass politisch Verantwortliche und Vereinigungen bereit
sind, den Kampf für den Erhalt der
Lebensqualität in Flörsheim aufzunehmen.
„In diesen schweren Zeiten muss die Bürgerschaft zusammenstehen.“
Beuler erinnert an das Jahr 1666, als
Flörsheim von der Pest bedroht wurde und die Bürger vorbildhaftes
Durchhaltevermögen bewiesen hätten.
31.10.2011
Höchster Kreisblatt:
"Alle Politiker müssen den derzeitigen Terror bekämpfen"
Überflüge: Welle von Protesten ebbt nicht
ab – Katholische und evangelische Pfarrer beziehen öffentlich Stellung
Über 400 Teilnehmer verzeichnete die
Protest-Andacht sowie der anschließende Gang ins Baugebiet Nord. Unter
anderem hielt Bürgermeister Michael
Antenbrink (SPD) auf dem Platz vor der Gallus-Kirche eine Rede, der
evangelische Pfarrer Martin Hanauer verbrannte
öffentlich ein Werbeprospekt der Fraport AG.
Flörsheim. Prospekt-Verbrenner: Eine Werbeschrift der Fraport AG
zündete Pfarrer Martin Hanauer werbewirksam an.Und
in den katholischen Gottesdiensten wurde eine Erklärung des Flörsheimer
Pfarrers Frank-Peter Beuler verlesen, der
sich darin mit dem Fluglärm auseinandersetzt.
Mit deutlichen Worten hatte sich der Rathauschef an die Teilnehmer der
Protestveranstaltung gewandt. In den vergangenen 14
Jahren habe die Stadt Flörsheim gemeinsam mit den Nachbarkommunen
Hattersheim sowie Hochheim nichts unversucht gelassen,
um den Ausbau des Frankfurter Flughafens mit der Landebahn Nordwest zu
verhindern. "So haben die Stadt Flörsheim wie
auch die Städte Hattersheim und Hochheim bisher jeweils deutlich mehr
als 2 Millionen Euro für die Verhinderung der
neuen Landebahn Nordwest ausgegeben. Seit dem vergangenen
Freitagnachmittag sei Wirklichkeit geworden, was "wir mit vereinten
Kräften verhindern wollten". Auch wenn das letzte Urteil zur neuen
Landebahn noch nicht gesprochen sei, so glaube
niemand mehr daran, dass das Rad noch einmal zurückgedreht werden könne.
"Ist mir scheißegal"
Antenbrink setzte mit einer Tirade gegen den Flughafenbetreiber seine
Ansprache fort: "Heute Morgen habe ich in der
Werbezeitung der Fraport wieder einmal lesen dürfen, dass der
Frankfurter Flughafen in einem internationalen Wettbewerb
mit irgendwelchen Wüstenflughäfen im nahen oder fernen Osten steht. Das
ist mir, um es deutlich zu sagen Herr Dr.
Schulte, scheißegal. Worauf es ankommt, ist dass die wirtschaftlichen
Interessen der Fraport und der
Luftverkehrswirtschaft in direkter Konkurrenz zur Gesundheit der
Menschen, die in dieser Region leben wollen, stehen."
"Wir müssen jetzt das Nachtflugverbot verteidigen. Es kann doch nicht
wahr sein, dass der Hessische Landtag nahezu
einstimmig einen Ausbau nur mit Nachtflugverbot beschließt und sich
dann die Landesregierung einen Teufel darum schert
und auch noch dagegen vor Gericht zieht. In was für einer
Bananenrepublik leben wir denn eigentlich?", meinte
Antenbrink. Ab dem heutigen Montag werde es keine Nachtflüge am
Frankfurter Flughafen mehr geben und – oh Wunder
– die Welt werde sich doch tatsächlich weiter drehen, meinte Michael
Antenbrink ironisch.
Vergleich mit der Pest
Die Erklärung von Pfarrer Frank-Peter Beuler zur neuen
Fluglärmsituation in Flörsheim hat folgenden Wortlaut:
"Mit dieser Erklärung möchte ich mein großes Entsetzen kundtun
angesichts der enormen Steigerung des
Fluglärms in Flörsheim seit Inbetriebnahme der unseligen
Nordwest-Landebahn am Frankfurter Flughafen. Ich empfinde
solidarisches Mitgefühl mit all jenen Bürgerinnen und Bürgern, die
besonders stark vom Überflug der
Flugzeuge betroffen sind – in Flörsheim-Nord und Flörsheim-Ost, aber
auch in Wicker. Ich kann verstehen, dass
man diese Situation für unerträglich hält und so mancher jetzt mit dem
Gedanken spielt, aus Flörsheim
wegzuziehen. Ich darf an alle, die diese Gedanken hegen, appellieren,
keine überstürzten Entscheidungen zu treffen,
auch wenn momentan die Lage aussichtslos erscheint. Der Entschluss,
einen liebenswerten Ort, der zur Heimat geworden ist und
in dem vielleicht schon viele Vorfahren gelebt haben, einfach zu
verlassen und irgendwo anders ganz neu anzufangen, will
reiflich überlegt sein. Solche Lebensentscheidungen dürfen nie das
Produkt einer Kurzschlussreaktion sein. Ich
teile mit Bürgermeister Antenbrink die Ansicht, dass Resignation die
falsche Antwort auf die neue Lärmbelastung
ist. Stattdessen sollten alle Kräfte versuchen, Widerstand zu leisten
gegen die unerträgliche Situation. Mit der
Demonstration am Freitagabend und dem anschließenden Protestzug ist
schon ein guter Anfang gemacht. Ich
begrüße es, dass die politisch Verantwortlichen der Stadt Flörsheim,
politische Parteien und Vereinigungen
bereit sind, den Kampf für den Erhalt der Lebensqualität in Flörsheim
aufzunehmen. Ebenso begrüße
ich, dass der neue Landrat Cyriax einen Forderungskatalog aufgestellt
hat, der die Überprüfung und Veränderung
der momentanen Flugbewegungen zum Ziel hat. Alle politischen Kräfte
müssen ihr Möglichstes tun, um den
derzeitigen Terror zu bekämpfen. Aber auch jeder Privatmensch ist
aufgerufen, seinen Unmut kundzutun, nicht zuletzt
gegenüber der Landesregierung. In diesen schweren Zeiten muss die
Bürgerschaft zusammenstehen und darf sich nicht
auseinander dividieren lassen. Es ist sicher kein übertriebener
Vergleich, wenn wir an die Bedrohung Flörsheims
durch die Pest im Jahre 1666 denken und uns das Durchhaltevermögen der
damaligen Bevölkerung vor Augen führen.
Nehmen wir uns die Vorfahren zum Vorbild." meh (meh)
Lärmgeplagte Flörsheimer protestieren vor der Kirche 7 Kommentare
Flörsheim. Der Schock saß tief
in den ersten Tagen nach der Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest.
Anscheinend so tief, dass es noch keine Aufrufe zu
öffentlichen Demonstrationen gab. Nur die Galf rief zu massiven sowie
phantasievollen Protesten auf. Ansonsten herrschte
Ruhe. Für manche Lärmbetroffenen war dies bisher zu ruhig. Auch von dem
Verein, der sich ausschließlich mit
dem Thema Flughafenausbau beschäftigt, und deshalb auch gegründet
wurde, nämlich "Für Flörsheim",
gab es bisher keine Reaktionen. Genau so sieht man es zurzeit mit den
ehemaligen Initiativen von Flörsheimern –
wie der "Stille Protest" oder der Elterninitiative "Kinder gegen
Fluglärm" – aus. Deren Mitglieder versuchen
derzeit anscheinend, das in den vergangenen Tagen erlebte zu
verarbeiten. Noch immer brodelt es aber gewaltig in der
Mainstadt, und der Protest formiert sich allmählich. So laden unter
anderem die evangelische Kirchengemeinde sowie die
Bürgerinitiative für Umweltschutz (BfU) Eddersheim für heute, Freitag,
28. Oktober, 19 Uhr, zu einer
großen Protestveranstaltung vor der Sankt-Gallus-Kirche (Hauptstraße)
ein. meh (meh)
Ewiger Lärm statt letzter Ruhe
Gemeindereferentin nach einer Beerdigung: Ich denke, das ist Störung
der Totenruhe Trauerreden werden ganz schnell
gehalten und ständig unterbrochen, damit der Krach der Flieger nicht
jedes Wort untergehen lässt.
Flörsheim. Totengedenken wird erheblich gestört: Der Friedhof liegt in
der Lärmzone. Foto: Nietner Die
Türen der Trauerhalle öffnen sich. Nachdenkliche Menschen folgen
Gemeindereferentin Bettina Malcher mit gesenkten
Köpfen aus der Gedenkstätte. Im Geiste sind sie bei dem Verstorbenen.
Doch ihr Trauerzug wird schon nach wenigen
Schritten gestört. Gedanken werden abrupt unterbrochen, als ein
Flugzeug bedrohlich tief über die Trauerhalle
hinweg fegt. Das laute Dröhnen der Turbinen übertönt kurzzeitig sogar
das Glockengeläut, das den Marsch
begleitet. Andere Friedhofbesucher heben ihre Köpfe zum Himmel, um die
Quelle des Lärms zu verfolgen. Von letzter
Ruhe kann hier keine Rede mehr sein.
Nach der Ankunft am Grab beginnt Bettina Malcher ihre Rede. Zweimal
muss die katholische Gemeindereferentin unterbrechen,
weil Flugzeuge über den Friedhof donnern. Für Malcher ist es die erste
Beerdigung seit der Eröffnung der
Landebahn Nordwest. Einige Mitglieder der Trauergemeinde blicken zum
Himmel. Die Besinnlichkeit des für die
Angehörigen so wichtigen Momentes ist gestört.
Extrem niedrige Flieger
"Die Flieger sind schon extrem niedrig", findet Friedhofsgärtner
Michael Schreeb, der den Sarg zusammen mit drei
Kollegen zum Ort der Beerdigung gerollt hat. "Das ist ungewohnt",
betont er. Schreeb hört nach eigener Aussage
häufig Beschwerden von älteren Besuchern, die sich vom Fluglärm gestört
fühlen. Für
Trauerfeiern sei der Neue Friedhof nicht mehr ideal, drückt sich der
Friedhofsgärtner vorsichtig aus. Dass die
angegebene Flughöhe von 240 Metern über dem Friedhof eingehalten wird,
kann sich Schreeb kaum vorstellen. "Es kommt
einem sehr niedrig vor", sagt der Gärtner, der Bedenken hat, nachdem
einem Flugzeug vor wenigen Tagen ein Bremsschlauch
platzte. "Heute der Schlauch, morgen das ganze Ding", betont Michael
Schreeb.
"Ich bin richtig erschrocken, als die Maschine über die Trauerhalle
geflogen kam", berichtet Bettina Malcher. "Es ist
eine Zumutung." Die Leiterin der Trauerfeier muss sich beim Ablauf des
Gedenkens mittlerweile nach den Flugzeugen richten.
"Ich mache alles was möglich ist in der Trauerhalle", erklärt die
Gemeindereferentin. Bei den Grabreden versuche
sie, sich zu beeilen, um die Zwischenräume zwischen den Überflügen
auszunutzen. "Ich habe meine Reden auch
schon vor der Eröffnung der Landebahn wegen des Fluglärms
unterbrochen", sagt Bettina Malcher. Mit den neuen
Flugrouten sei die Belastung auf dem Neuen Friedhof aber viel schlimmer
geworden. Früher habe man den Fluglärm
zumindest in der Trauerhalle nicht gehört. Mittlerweile dröhnen die
Turbinen bis ins Innere des Gebäudes.
Für die Trauernden sei die Situation auf dem Friedhof schwierig. "Ich
denke schon, dass man von einer Störung der
Totenruhe sprechen kann", sagt Bettina Malcher sehr ernst.sas (sas)
„Wir lassen uns nicht vertreiben!“
31.10.2011 - FLÖRSHEIM
Von Hildegund Klockner
FLUGLÄRM Wut, Enttäuschung und Trotz prägen Demonstration / Polizei
schätzt die Teilnehmerzahl auf
700
Am Freitagabend, bei der ersten Protestdemo nach der Eröffnung der
Landebahn Nord, der weitere Aktionen folgen werden,
schätzte die Polizei die Teilnehmerzahl auf 700. „Mit 100 Teilnehmern
wären wir nicht zufrieden
gewesen“, freute sich Renate Mohr von der Galf über die unerwartet
große Resonanz von wütenden,
besorgten und trauernden Bürgern. Vorsorglich waren 200 Menschen für
die friedliche Kundgebung und den
anschließenden Demonstrationszug mit Fackeln durch die Altstadt zum
Schützpark bei den Ordnungskräften
angemeldet worden.
Auch aus der Umgebung waren Protestler gekommen
Am Freitag, am Tag sieben nach dem Beginn des nach Ansicht der
Demonstranten menschenverachtenden und -vertreibenden
Lärmterrors, formierte sich der Protest der Flörsheimer vor der St.
Galluskirche. Protestler mit Transparenten aus
Flörsheim, Hattersheim, Hochheim und Eddersheim waren zu der Kundgebung
gekommen, zu der die Kirchengemeinden, die
Bürgerinitiative für Umweltschutz (BfU) in Eddersheim, der Verein „Für
Flörsheim“ und
Bürgermeister Michael Antenbrink kurzfristig über die Tageszeitungen
eingeladen hatten.
„Die Menschen ziehen sich in ihre Häuser zurück, verwirrt, verletzt mit
hilfloser Wut. Ich treffe
Mitbürger, entsetzte Gesichter, mit der Frage, ob das jetzt immer so
bleibt“, meldete sich Frank Wolf von der BfU
zu Wort. Er habe das Gefühl, „die haben uns den Himmel gestohlen, der
Himmel gehört jetzt schon in 100 Metern
Höhe der Fraport“.
„Wir lassen uns nicht vertreiben“, war das Motto der Veranstaltung, die
vor allem dazu diente, die
Solidarität der Betroffenen zu stärken und Mut zum Durchhalten zu
geben. Aber auch ein deutliches Zeichen zu geben,
„dass wir nicht resignieren“. Hans-Jakob Gall sieht noch „einen langen
Weg“: Die Statistik werde
helfen zu beweisen, „dass Fluglärm krank macht!“ Sein Vorschlag an die
Teilnehmer: „Bauen Sie Druck
auf die Politiker auf. Schreiben Sie an die Politiker in Berlin und
Wiesbaden.“
Michael Antenbrink machte Mut, dass das „letzte Urteil über die
Landebahn noch nicht gesprochen ist“. Ihm
sei es „scheißegal“, ob Frankfurt den Wettbewerb mit Flughäfen in
„nahen und fernen
Wüstenstaaten gewinnt“: Seit Freitag seien die Bürger von den
Verantwortlichen in Berlin und Wiesbaden zu
Verlierern dieses Wettbewerbs gemacht worden. Merkel habe bei der
Inbetriebnahme der Landebahn vorgeführt, was
möglich ist, als sie lautlos einschwebte.
Michael Frost erinnerte an die 25 „Stillen Proteste“ gegen den
Flughafenausbau, die wegen geringer Teilnehmerzahl
eingestellt worden waren: „War es naiv gewesen mit kleinen Mitteln zu
kämpfen, wäre ein schriller Protest
wirkungsvoller gewesen?“ Pfarrer Martin Hanauer berichtete von seinen
Erfahrungen als Seelsorger in der letzten Woche.
Als direkt vom Fluglärm Betroffener „brauche ich selbst Seelsorge“: Der
Lärm belaste seine Arbeit,
Menschen weinten im Gespräch. Ihm fehlten die Worte, den Menschen eine
Perspektive zu geben. Die Bibel mit ihren
Klagepsalmen wie Psalm 55 „klinge aktuell“. Und Hanauer warnte in
Hinblick, dass die Flörsheimer vor Gericht
nicht klagen durften: „Die Fraport muss sich einmal vor einem höheren
Gericht verantworten.“ Er beendete die
Kundgebung ganz drastisch und wirkungsvoll mit dem Verbrennen der
aktuellen „Hochglanzzeitung der Fraport“, die
die „Folter der Flörsheimer verhöhnt“.
Zum Abschluss der Protestdemonstration verbrannte Pfarrer Martin
Hanauer die aktuelle Fraport-Zeitung. Foto: Hildegund
Klockner
Flörsheim
Widerstand gegen Fluglärm wächst
29.10.2011 - FLÖRSHEIM
PROTESTE Andacht und Demonstrationszug durch die Altstadt / Offener
Brief von Wolfgang Ruppert
(hbk/mw). Widerstand gegen den vielen Anrainern schier unerträglich
gewordenen Fluglärm formiert sich mehr denn je
auch in der Untermainstadt. Am Freitagabend versammelten sich nach
ersten Schätzungen mehr als 600 Menschen zur
Protestandacht an der Galluskirche und zogen, viele mit Kerzen in der
Hand, zum Schütz-Park. Die Stimmung war
gedämpft. Viele Teilnehmer bekundeten im Verlauf der Demonstration
dennoch eine kämpferische Haltung. Die meisten
Flörsheimer sind über das unerwartete Ausmaß des Fluglärms, der mit
Inbetriebnahme der neuen Landebahn
über sie hereingebrochen ist, bestürzt. Schriftzüge und Embleme auf
einigen der mitgeführten Transparente
deuteten darauf hin, dass die Menschen hier große Unterstützung auch
aus benachbarten Städten erfahren.
Der beeindruckende Aufmarsch wäre wohl noch größer ausgefallen, hätten
die Organisatoren von Galf,
„Für Flörsheim“ und BfU Eddersheim nicht so kurzfristig eingeladen. Zu
plakatieren oder Handzettel zu
verteilen war keine Zeit geblieben. Zeitungsleser wussten Bescheid, der
Rest war Mundpropaganda, die zum erstaunlich guten
Ergebnis beitrug. In der Not rücken die Flörsheimer auch diesmal sehr
rasch eng zusammen (ausführlicher
Bericht über die Protest-Veranstaltung folgt).
Die Flörsheimer gehen also gegen den Fluglärm auf die Straße. Aber
nicht nur das. Im Internet wurde bei
Facebook eine Gruppe „Flörsheim gegen Nordbahn“ eröffnet, die am
Freitag bereits mehr als 460
Mitglieder zählte. „Und es werden stündlich mehr. Wenn das nicht Mut
und Hoffnung macht!“, schrieb
jetzt Wolfgang Ruppert, Vorsitzender des Schachclubs, in einem offenen
Brief an Bürgermeister Michael Antenbrink und den
ehemaligen Landrat, Berthold Gall. Ruppert spricht vielen aus dem
Herzen. Mit Eröffnung der neuen Landebahn habe es eine
dramatische Verschlechterung der Lebensqualität ergeben, mit der
traurigen Erkenntnis: „Unser Flörsheim ist
nicht mehr Flörsheim, wie wir es kennen und geliebt haben!“ Gewiss
hätten Antenbrink und Gall in vielen
Versammlungen gewarnt, dass der Ausbau des Flughafens katastrophale
Folgen für die Bürger haben werde. Sogar der
Vergleich zur Flörsheimer Pest sei gezogen worden. „Heute weiß man: zu
Recht!“, stellt Ruppert
fest.
„Offen gesagt hatte ich das Gefühl, dass viele Bürger und auch ich
nicht wirklich verstanden haben oder es
einfach nicht sehen wollten, dass dieser Vergleich in seiner Bedeutung
und den Folgen für Flörsheim nicht
übertrieben war. Naivität sei sicherlich rückblickend auch ein Grund,
weshalb die meisten
Bürgerversammlungen eher durchschnittlich besucht waren. Angesichts
einer als unfassbar empfundenen Überflugtiefe
der Flugzeuge seien „viele von uns in einen regelrechten Schockzustand
gefallen, geprägt durch Existenzängste
und extreme Sorgen um die Kinder, die täglich auf dem Weg zu Schule und
Kindergärten, auf Spiel- und
Sportplätzen dem ständigen Lärmpegel und der bedrückenden Nähe der
Flugzeuge ausgesetzt sind“.
Das lächerliche Minimalziel des Nachtflugverbotes drohe gekippt zu
werden. „Zweifellos werden wir nur Chancen auf
Erfolg haben, wenn wir alle gemeinsam dafür kämpfen und die Kräfte
bündeln“, schreibt Ruppert und
fordert zur Einberufung einer Bürgerversammlung binnen ein, zwei Wochen
auf. „Die Zeiten für stille Proteste
und nur auf juristische Mittel zu setzen, sind definitiv vorbei. Alle
zwei Minuten fliegt ein Flugzeug über
Flörsheim in 275 Meter Höhe. Die Chance, mehr Menschen für den Protest
anzusprechen, dürfte nie besser
gewesen sein!“
TELEFON-AKTION
Wie kommen Sie als Flörsheimerin oder Flörsheimer mit dem vermehrten
Fluglärm zurecht? Die Redaktion der
„Main-Spitze“ ist an Ihren Eindrücken und Ihren Einschätzungen
interessiert und nimmt am Montag, 31.
Oktober, von 12.30 bis 13.30 Uhr Ihren Anruf dazu entgegen, und zwar
unter der Rufnummer 0 61 42 / 8 55 38. Ab sofort bis zum
Montag, 14 Uhr, können Sie uns an die Adresse main-spitze@vrm.de eine
Mail zu diesem Thema schicken.
Rüsselsheimer Echo:
30. Oktober 2011 | dpa
Das letzte Flugzeug startete um 0.12 Uhr.
Nachtflugverbot: Flughafen Frankfurt hat erste Nacht mit
eingeschränktem Nachtflugverbot hinter sich – Ergebnisse
erst nach der Nacht zum Montag richtig spürbar
FRANKFURT.
Ab Sonntag gilt es, das eingeschränkte Nachtflugverbot für den
Flughafen Frankfurt. Die letzte Maschine hob 12
Minuten nach Mitternacht ab, die erste des Folgetages landete erst um
5.02 Uhr auf dem Rhein-Main-Airport. Archivfoto:
dpa
Der Flughafen Frankfurt hat seine erste Nacht mit einem eingeschränkten
Flugbetrieb hinter sich. Nach Auskunft des
Flughafenbetreibers Fraport vom Sonntag startete das letzte Flugzeug um
00.12 Uhr, die erste Landung des Tages ging um 5.02
Uhr über die Bühne. Hans-Jakob Gall von der Bürgerinitiative in
Flörsheim genoss nach eigenen Angaben die
erste Nacht mit weniger Fluglärm. „Heute konnte ich mal durchschlafen“,
sagte er. Normalerweise werde er bei
Westwind von den startenden Maschinen geweckt.
Mit der Nacht zum Montag steht am größten deutschen Flughafen die erste
komplett flugfreie Nacht bevor.
„Erst dann wird es eigentlich spannend“, sagte ein Fraport-Sprecher.
Vor allem die mit ihren nächtlichen
Frachtflügen stark betroffene Lufthansa hatte wegen drohender
Millionenverluste heftig gegen die vorläufige Sperre
protestiert und musste ihren Frachtflugplan ändern.
Die Grünen-Fraktion im Hessischen Landtag teilte mit, die erste Nacht
mit gültigem Nachtflugverbot sei der
endgültige Beweis dafür, dass ein Nachtflugverbot am Frankfurter
Flughafen möglich sei. Die
Luftverkehrswirtschaft werde daran nicht untergehen, hieß es in einer
Mitteilung. Die knapp sechs Stunden Ruhe in der
Nacht seien jedoch zu wenig.
Am Flughafen gilt nach einer Entscheidung des hessischen
Verwaltungsgerichtshofs von Sonntag an ein absolutes Nachtflugverbot
für die Zeit zwischen 23 und 5 Uhr. Es wird etwa ein halbes Jahr
gelten. Ob es dabei bleibt, entscheidet das
Bundesverwaltungsgericht, das sich im März mit dem Thema befassen will.
Wiesbadener Kurier:
Ruhe zwischen 23 und 5 Uhr: Nachtflugverbot ohne Probleme begonnen
31.10.2011 08:42 Uhr - FRANKFURT
Ohne Probleme im technischen Ablauf hat der Frankfurter Flughafen die
erste Nacht mit einem kompletten Flugverbot
bewältigt. Die Nachtruhe zwischen 23 und 5 Uhr sei eingehalten worden,
berichtete die Betreibergesellschaft Fraport am
Montag. Es seien weder Maschinen verspätet abgeflogen, noch hätten
Passagiere in Frankfurt übernachten
müssen, weil ihr Flug nicht mehr rausging. Um 23.02 Uhr sei noch eine
Maschine gelandet, wie es auch nach dem
Planfeststellungsbeschluss vorgesehen sei, berichtete ein Sprecher.
"Wir haben die Umstellung operativ gut hinbekommen", erklärte ein
Sprecher der Lufthansa Cargo, die bislang die meisten
Nachtflüge am größten deutschen Flughafen durchgeführt hatte. Bei den
Mitarbeitern sei aber die Sorge um
die Arbeitsplätze groß, obwohl es sich ja zunächst um eine vorläufige
Regelung handele. Der hessische
Verwaltungsgerichtshof hat das Nachtflugverbot bis zu einer endgültigen
Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht
verhängt.
Frankfurter Rundschau:
Lärmteppich über Flörsheim
"Wie im Krieg, nur ohne Bomben"
"Es steht fest, wir ziehen aus Flörsheim weg." Foto: dapd
Seit Eröffnung der neuen Landebahn liegt bei Ostwind halb Flörsheim
unter einem Lärmteppich. Mit mehr als 80
Dezibel donnern die Flieger über die Häuser hinweg - bis zu 300 Mal.
Täglich.
Josef Auth ist fassungslos. „Hier kann man nicht mehr leben“, sagt der
Flörsheimer. Seit Freitagnachmittag
dröhnen die Flugzeuge über das Dach seines Hauses in der Lahnstraße. Im
Zwei-Minuten-Takt kommen die
Maschinen von Westen, etwa 270 Meter sind sie tief, wenn sie das
Neubaugebiet überfliegen, um wenige Kilometer weiter
östlich auf der neuen Landebahn im Kelsterbacher Wald aufzusetzen. „Das
ist hier wie im Krieg“, sagt Josef
Auth. „Nur dass keine Bomben fallen.“
Schon lange bevor die Flieger zu sehen sind, ist ein dumpfes Grollen in
den Straßen zu hören. Es wird zum
ohrenbetäubenden Getöse, wenn das Flugzeug mit pfeifenden Landeklappen
und ausgefahrenem Fahrwerk über die
Häuser hinwegdonnert. Die Messstelle des Deutschen Fluglärmdienstes,
die auf einem Dach in der Weilbacher
Straße montiert ist, misst seit Eröffnung der neuen Landebahn fast
konstant Überflüge mit deutlich mehr
als 80 Dezibel – von morgens fünf Uhr bis tief in die Nacht. So niedrig
und so dich hintereinander wird kein
anderes Wohngebiet in der Region überflogen.
50 Prozent der Landungen auf dem Frankfurter Flughafen würden über die
neue Landebahn abgewickelt, sagte
Flughafensprecher Wolfgang Schwalm der FR. Bei Ostwind donnern dann
jeden Tag mehr als 300 Flugzeuge über die Stadt.
„Hier in Flörsheim gibt’s einen Volksaufstand“, sagt Hans-Jakob Gall,
der Vorsitzende des
Solidaritätsvereins für Flörsheim, der seit Jahren gegen den
Flughafenausbau kämpft. „Dass es so
unerträglich laut wird, damit hat keiner gerechnet.“ Besonders
problematisch ist laut Gall die Streuung der
Flugrouten.
Bernd Zürn vom Verein zum Schutz der Lebensqualität in Flörsheim misst
den Lautstärke eines Fliegers.
Foto: dpa
Anders als von Fraport angekündigt, querten die Flieger die Stadt nicht
auf einem schmalen Landestrahl, sondern in einem
breiten Korridor mit deutlichen Abweichungen von der in den Karten
eingezeichneten Linie. Fast das gesamte Neubaugebiet liege
jetzt bei Ostwind unter einem Lärmteppich. „Am Freitagmittag haben wir
noch gesagt, hier kriegt uns keiner
weg“, sagt Hildegund Klockner. „Seit Sonntag steht fest, dass wir aus
Flörsheim wegziehen.“ Der
Lärm sei unerträglich. Das Haus, in das sie erst 1998 eingezogen sind,
können die Klockners der Fraport zum
Kauf anbieten. Es liegt in der so genannten Kernzone des
Casa-Programms. Der Flughafenbetreiber hat zugesagt, es zu kaufen.
Ein Fraport-Mitarbeiter habe ihr unlängst sogar indirekt dazu geraten,
sagt Hildegund Klockner.
Josef Auth dagegen hat schlechte Karten. Sein Grundstück liegt zwar nur
wenige Meter entfernt auf der anderen
Straßenseite, es fällt aber nicht mehr in den von Fraport errechneten
Lärmkorridor. Er bekommt nur
Schallschutzfenster. Und das, obwohl er einen schlagkräftigen Beweis
hat, dass die Flugzeuge über sein Haus
fliegen. Eine schmutzig graue schmierige Flüssigkeit regnete am Montag
aus dem Himmel auf Dach und Auto. Worum es sich
dabei handelte, sei noch nicht geklärt, sagte Fraport-Sprecher Schwalm
der FR. „Die Flüssigkeit wird gerade
im Labor untersucht.“
Gut zu tun haben seit Anfang der Woche die Flörsheimer
Rathausmitarbeiter. Viele Bürger seien seit Eröffnung
der neuen Landebahn im Stadtplanungsamt vorstellig geworden, um
Bauunterlagen für ihre Häuser und Wohnungen
abzuholen, so Bürgermeister Michael Antenbrink (SPD).
Sie müssen den Antragsunterlagen für Lärmschutzfenster beigefügt
werden. Ohne Lärmschutz sei es im
Norden der Stadt nicht auszuhalten. Auch städtische Einrichtungen seien
betroffen – zwei Kindergärten, die
Feuerwehr und die Polizeistation. „Auch als Stadt werden wir Anträge
stellen, um Schallschutzfenster zu
bekommen“, sagt Antenbrink.
„Unsere schlimmsten Erwartungen sind übertroffen“ – so kommentierte
Landrat Michael Cyriax (CDU) die
Lärmhölle über Flörsheim. Er will darauf drängen, dass die zugesagten
Routen und Korridore
eingehalten werden, fordert von Land und Fraport außerdem großzügigere
Ausgleichszahlungen, weil offenbar
weit mehr Menschen vom Fluglärm betroffen seien als bisher angenommen.
Der Kreis ist auch als Schulträger
betroffen. Die Paul-Maar-Grundschule liegt in der Einflugschneise.
Heute kommt dort die Schulkonferenz zusammen, um weitere
Schritte zu beraten.
Für massive Proteste und Aktionen gegen die Folgen der
Nordwestlandebahn hat sich die Grüne Alternative Liste
Flörsheim (Galf) ausgesprochen. Politisch Verantwortliche, Fraport und
Luftfahrtindustrie müsste deutlich gemacht
werden, dass Flörsheim die aktuelle Situation nicht klaglos hinnehmen
werde. „Der Fluglärm macht die Stadt
unbewohnbar“, sagt der stellvertretende Galf-Fraktionsvorsitzende Sven
Hess, dessen Haus in der neuen Einflugschneise
steht. An einem Nachtflugverbot zwischen 22 und 6 Uhr führe kein Weg
vorbei.
Wenn am Freitag, 4. November, das Fraport-Infomobil in Flörsheim
Station macht, werden die Mitarbeiter des
Flughafenbetreibers viel zu tun bekommen. „Wir rufen die Bürger auf,
sich dort zu artikulieren“, sagt
Hans-Jakob Gall. Eine Delegation der Stadt wird am kommenden Dienstag,
1. November, außerdem zur Sondersitzung des
Landtags nach Wiesbaden fahren. Auf der Tagesordnung steht eine Debatte
über das Nachflugverbot.