Einführung in die Problematik des Flughafenausbaus


01_Querumer_Forst_im_Januar_2010.jpgLiebe Leserin, lieber Leser,

Lange war um den Ausbau des Flughafens rechtlich gestritten worden. Am Ende entschieden Verwaltungsgerichte nach formalen Kriterien, die für Normalbürger kaum noch durchschaubar waren: etwa wer klageberechtigt ist und ob Termine eingehalten wurden. Jetzt fallen seit Wochen Tag für Tag Tausende von Bäumen eines hochrangigen Naturschutzgebietes der Verlängerung der Startbahn zum Opfer. Erwartungen einer Stärkung der Wirtschaft hierzulande stoßen sich hart im Raum mit Lebensraumbewahrung und Artenschutz, zu denen Bundeskanzlerin Angela Merkel im Januar eindringlich aufgerufen hat. In der Abwägung dieser Güter gibt es in unseren Orten unterschiedliche Ergebnisse und Meinungen.

Bei den täglichen Begehungen der Abholzungsarbeiten traf ich auf viele bekannte Gesichter aus der Mitte unserer Gemeinden, die fassungslos und auch unter Tränen den Kahlschlag verfolgten. Sie hatten in den Wäldern schon als Kinder gespielt und erlebten diese Art von Flughafenausbau nun als Verlust von Heimat. Das Gefühl der Ohnmacht wandelte sich auch bei Menschen in Zorn, die bisher Demonstrationen nur aus dem Fernsehen kannten.

Die Verlängerung der Startbahn greift so schwerwiegend in das Öko- und Sozialsystem (etwa die Kappung der Grasseler Straße) ein, dass die bisherige Meinungsbildung unter der betroffenen Bevölkerung vollkommen unzureichend ist. Darum läuten täglich um 14.45 Uhr die Kirchenglocken. Sie läuten nicht gegen den Flughafenausbau, wie manchmal gesagt wird - sie erinnern vielmehr daran, dass dort “hinten” im Wald etwas geschieht, das jeden in unseren Ortschaften angeht. Darüber muss diskutiert und auch gestritten werden - natürlich mit Argumenten, Fairness und mit Respekt vor der Meinung des Anderen. Solche Öffentlichkeit liegt im Interesse kommunaler Demokratie.

Deshalb hatte sich auch Landesbischof Weber als Moderator zu einem Gespräch angeboten, zu dem die Kirchengemeinde Waggum eingeladen hatte. Von seiten des Flughafens und seiner Betreiber folgte leider niemand der Einladung, sodass diese Chance einer Verständigung bzw. geregelten Auseinandersetzung ungenutzt blieb. Der Landesbischof würdigte dabei ausdrücklich das Engagement der Ausbaugegner als Wahrnehmung demokratischer Grundrechte. Er sicherte zu, sich als Vizepräsident der Stiftung Braunschweiger Kulturbesitz nachdrücklich für eine dem Geist des Gesetzes entsprechende, ortsnahe und tatsächliche Aufforstung der Ersatzflächen einzusetzen.

Die Kirchengemeinden als öffentliche Einrichtungen verstehen sich als Forum, das kommunale Kommunikation und Meinungsbildung fördert. Man kann in der Frage des Flughafenausbaus durchaus verschiedener Meinung sein - Resignation aber und die Feststellung: “Da kann man sowieso nichts machen!” untergraben die Demokratie und sind Wasser auf die Mühlen der schon jetzt größten Partei: der Nichtwähler.

Also: Mischen wir uns ein!

Konstantin Dedekind


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